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Ein sehr großer Tag im sehr großen Kanada

0 Uhr und 8 Minuten, Icefields, Jasper, der Sonntag hat begonnen und wir sitzen ohne Internet auf dem Parkplatz an der Columbia Icefields Parkway und ich schreibe meinen Bericht sozusagen von gestern, um die vielen großen Eindrücke festzuhalten und mit nichts von heute zu überlagern. Wir würden eigentlich in der Stadt Jasper auf einem der mehr auswärts gelegen Campingplätze übernachten, so war unser Plan und wir fuhren bis weit nach 22 Uhr dahin. Allerdings stellten sich gleich zwei Probleme ein: erstens- und das wußten wir- gab es einen großen Brand in Jasper.Den konnten wir riechen, zu sehen gab es im Dunkeln nichts. Aber wir begriffen nicht, dass deswegen auch die Camperplätze vor der Stadt geschlossen sind. Also irrten wir in der Pampa rum und Reiner sah Elche. Aber wir konnten nirgendwo einchecken. Auch Hotels gab’s bei Booking com nicht, klar, aber einen Versuch war es wert. Zweites Problem jedoch war, dass ich Icefield Jasper in den Ort Jasper gelegt hatte. Das Icefield Jasper liegt aber 100 km weit vom Ort Jasper entfernt und rundum um das Eisfeld ist logischerweise ist der Jasper Nationalpark und der war wohl gemeint. Das hatte ich mißverstanden. An dem Icefield Jasper  waren wir schon vorbeigefahren!!! Also 100 km retour und vor allem, noch schnell, so lange Internet funktioniert, die Tickets zum Besuch der Eisfelder am Sonntag buchen! Das wenigstens gelang mir. Außer dem Icefield Center ist auf dem 230 km langem Highway kein Netz und sonst nichts, nichts zu essen, nichts zu trinken, auch kein Haus und keine Firma, selten ein Camp. Es ist einfach die Straße durch die Berge mit herrlichen Aussichtspunkten zum Stoppen. Schon die First People nahmen diesen Weg, die Pelzhändler bauten ihn aus und 1000 Arbeitslose bauten die Straße in den 40 er Jahren in einem Arbeitsbeschaffungsprogramm zehn Jahre lang, denn im Winter konnte man nicht bauen. Und “ man muss“- ich musste- diesen Highway (bei-) fahren, um zu begreifen, wie groß Kanada ist. Ja, die Berge gibt’s in Europa auch, aber nirgendwo so viele so große so weite, unbebaute Natur(parke) mit Seen, Flüssen, Bergen. Ein See reiht sich am anderen und ist „türkisblauer“ als der vorige oder nicht?! Und welcher Wasserfall mündet hier in welchen Fluß? Ganz zu schweigen von den Bächen. Hoch gelobt in unserem Reiseführer und von unseren kanadischen Freunden Donna und Andrew wird der Peyto Lake. Schon an diesem Punkt versagte das Navi mangels Netz, aber wir konnten fragen.Tatsächlich liefen wir vom Parkplatz nur 700 m aufwärts. Rollstuhlfahrer und Busse fahren zu einem noch höher gelegen Parkplatz und damit kürzt sich ihr Weg zu der Plattform  von der aus alle Besucher von weltweit den See im Tal bestaunen. Leider grüsste uns die Sonne an ihm nicht, es regnete und war betrübt, wie so oft hier. Dennoch schimmert der See in seinem übermächtigen Türkis wie eine Perle, und das allerbeste: sie gehört niemanden, nur der Natur. Kein Haus, keine blöde Imbissbude mit Würstchen für XXL Dollar, nichts. Nur die Natur. Vom Aussichtspunkt scheint es so: niemand kann und darf dahin. Ich verspürte kein Bedürfnis, zu schwimmen, sondern eher meine Mütze aufzusetzen. Ich war sehr dankbar, den See zu sehen, seine Stille und Übermacht zu spüren. Bevor wir an dem See stoppten, fuhren wir zum Takakaw Wasserfall. Der Wasserfall war genauso rollstuhlfahrerfreundlich zu erreichen und weil es früher Abend war, war es einfach, zu parken und zu fotografieren, ohne Menschenmassen  abzubilden.
DAVOR
Erlebten wir ein kleines Abenteuer, groß aufgemacht: rafting, das heißt, wir fuhren auf dem Kicking Horse River in einem großen gelben Gummiboot den Fluß runter. Dazu bekam jedes Teammitglied ein Paddel, wogegen die Teamführerin namens Steffi auf einem erhöhten Sitz mit zwei Paddeln steuerte. Sehr lange erfolgten vorab per Email, vor Ort zu Beginn, weiter bei der Busfahrt und im Gummiboot  Belehrungen, die ich meist nur sinngemäß oder gar nicht verstand. Ich verstand nur: große Ereignisse kommen mit diesem Rafting auf mich zu, Gefahr droht, einschließlich Lebensgefahr. Im ersten Abschnitt der Tour mitten im Regen unterhielten sich fast alle angeregt entspannt über Urlaube, Arbeit, Spracherwerb. Einer sprach einen Satz russisch und ich antwortete, aber er hörte es nicht.So entspann sich kein Gespräch in russisch. Jedenfalls war mir sehr kalt und langweilig. Es regnete und die schöne Landschaft war dadurch nicht so leicht zu genießen. Ich hatte gehofft, mit ständigem Paddeln warm gehalten zu werden. Wir hielten, um auf einen Wasserfall zu steigen und zu sehen, woher das Türkis des Flusses kommt, nämlich von dem Gestein. Dann gab es Brötchen mit formgepressten Hühnerfleisch, Käsescheibletten, Ketchup, Senf- genannt Burger, auch eine gute Portion Salat, Chips in kleinen Tüten und Energieriegel und Pulverkaffee oder Kakao, schön heiß, am Lagerfeuer. Sodann paddelten wir in dem zweiten Abschnitt mit Stromschnellen der Stufe 3 und 4 vorwärts, rückwärts, duckten uns ins Gummiboot, um von Wasser überschüttet zu werden und stießen in der Luft mit den Paddeln an, wohl, um den Teamgeist zu beschwören. Der zweite Abschnitt bereitete mir Spaß und dazu kam die Sonne raus. Steffi, wie unschwer am Namen zu vermuten, kommt aus Deutschland, und sie erklärte mir netterweise in perfekten Deutsch, ich möge mich an den Rand des Bootes setzen, damit ich mit ihrem Paddel nicht kollidiere. Sonst sprach sie ohne Rücksicht auf Verluste sehr laut und sehr schnell englisch. Wir hatten uns die hintersten Sitzplätze ausgesucht, weil wir vom Bootsfahren in Australien wußten, dass es die ruhigeren sind, Seniorplätze halt. Wenn man denkt, wir wären die einzigen oder gar ältesten Senioren beim Rafting gewesen: großer Irrtum. Trotz Regen, trotz gefühlter 10 Grad, die Massen kamen. Es fuhren 11 Boote mit 8 Teammitgliedern und einem Teamführer. Hin und zurück fuhren wir in Bussen. Hin bekamen wir, perfekt organisiert, unsere sehr umfangreiche Ausstattung: Schuhe, Handschuhe, Neoprenanzug, Neoprenjacke, Wollfleecepullover für die Australier (hä? Wir nahmen das auch und so blieb der Oberkörper schön warm) und Regenblouson, Helm und Schwimmweste. Alles in allem bereuen wir nicht  das viele Geld ausgegeben zu haben.Nach dem Bier ( mein erstes in Kanada) am Lagerfeuer kaufte ich gern obendrein ein Shirt und die Foto- und Filmaunahmen. Schön, dass es das Rafting gibt und danke sehr!
Ps“ 2 Grad und fast 2 Uhr, Gute Nacht!

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..und nach dem Wasserfall weiter

4 Gedanken zu „Ein sehr großer Tag im sehr großen Kanada“

  1. Das ist so umwerfend schön anzusehen und eure Freude zu spüren. Gerne reise ich mit euch und gern lasse ich mich wieder beruhigen, nachdem ich mir Sorgen um euch gemacht habe. Noch viele schöne Erlebnisse. Sigrun

  2. I’m so happy that you got to see Peyto Lake!!
    And your river rafting adventure looks amazing! You sure are making the most of your Rocky Mountain adventure! And now we’re not so worried about your flight back to Ontario since the Air Canada strike has been averted, thankfully.

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