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Im ältesten christlichen Land

Nach dem Frühstück marschieren Reiner und ich erstmal zum besten Eis in Jerewan. Da der Anmarsch wiedermal eine Stunde dauert, bleibt keine Zeit für gemütliches Kaffeetrinken und Eisessen. Ich muss mein Eis mit ganzen Haselnüssen und das von Pisttaziencreme durchzogene im Pappbecher beim Zurücklaufen essen, damit wir nicht zu spät zum „Ausflug“ kommen. Also möchte ich nochmal hin, um zu schwelgen.Heute nicht mehr.

Wir besuchen zur Mittagszeit die Universität, in der unsere Reiseleiterin Englisch unterrichtet. Eine Studentin sagt uns, dass sie glaubt, dass alle in Armenien glauben, und dass deshalb alle Menschen so hilfsbereit und uneigennützig sind. Gott gibt ihnen das auf den Weg.

Umso eindrucksvoller ist für mich der Besuch des Klosters Geghard. Wir fahren dazu mit unserem Reisebus ca. 40 km aufwärts. Das Kloster liegt malerisch in den Kaukasusbergen. Aber das zu genießen, haben wir keine Zeit. Wir werden zugetextet und ich möchte das verstehen. Da guckt man nicht in der Gegend rum. Das Kloster ist eine der heiligen Stätten, ein Wallfahrtsort, weil hier eine Kopie der Lanze in die Kirchentür eingelassen ist, die ein Apostel im Kloster versteckt haben soll. Ich beobachte, wie gläubige Besucher die Lanze küssen.

Fachkundig berichtet unsere Reiseleiterin, dass in 40 Jahren Lebenszeit ein Mönch einen Raum in den Fels gehauen haben soll. So hoch wie die Höhle ist, kann ich mir das kaum vorstellen. Zu welchen Lebensleistungen der Mensch fähig ist! Durch die Höhlenlage fiel das Kloster auch keinem der Erdbeben zum Opfer. Auch sonst lebten die Mönche Höhlen, die sich über die weitere Umgebung verstreuten.

Besonders beeindrucken mich die Zeugnisse der armenischen Baukunst, die sich eindeutig von aller Kirchenkunst abhebt, die ich bisher brwundern durfte. Dazu zählen die alten Steine. Sie sind ca. 1, 5 m hoch und rechteckig. Auf dem Weg zu dem Kloster sind mehrere solcher Steinkopien ausgestellt, die sich in Aserbaidschan befanden, aber zerstört worden sind. In die Steine als flaches Relief reingehauen ist immer die Sonne, darüber Grünes und in der Mitte ein Kreuz.

Blick durch ein Loch in der Höhle in den tiefer liegenden Kirchenraum. Die Höhlen und ein Vorraum zur Kirche, ein Thron für den König beim Altar, eine Quelle, die einen Kirchraum mit heiligem Wasser durchfließt, das sind alles Besonderheiten. Wir trinken aus der Quelle und summen in einer Höhle, der eine besondere Akustik hat. Unser Summen hallt nach.

Ein Kamin in der Kirche

Das Kloster gehört zu den bedeutendsten Zeugnissen der Armenischen Apostolischen Kirche und wurde 2000 in das UNESCO-Welterbe aufgenommen. (WIKIPEDIA)

Auf dem Weg zur Toilette entdecke ich nebenbei eine schöne Brücke. Eine weitere Brücke, eine aus dem Mittelalter, ist aus dem örtlichen Stein gehauen. In dem Tal mit der Brücke, in der Garni- Schlucht, bildeten die Basaltsteine Orgelpfeifen, die ca. 200 m steil hoch gehen. Aus eben diesem Basaltstein, allerdings in der Tschechei abgebaut, wurde auch die berühmte Kromlauer Brücke gebaut.

Die weltweit längste Schlucht mit Basaltgestein

Nach der Vorführung, wie Lavaschbrot geknetet, geschlagen und auf ein ovales Brett gelegt und dann in dem in die Erde eingebauten Tandoriofen festgeklebt wird, essen wir das Brot mit Tomaten, Gurken, frischen Kräutern wie griechischen Salat, Koriander, Basilikum und Käse. Das Brot hält sich trocken monatelang, denn es besteht nur aus Weizen, Mehl, Salz, Wasser. Das Brot ist armenisches Weltkulturerbe.

Zum Abschluss besuchen wir den Tempel Garni, der seit diesem Jahr auf der Liste des Weltlulturerbes steht. In der Antike von Römern errichtet, zerstörte ihn ein Erdbeben im 17.Jahrhundert und in den Sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts wurde er zu Sowjetzeiten wieder aufgebaut.

Sechs verschiedene Besiedlungsgeschichten, angefangen in der jungsteinzeitlichen Geschichte, kamen bei den Ausgrabungen ans Licht. (WIKIPEDIA)

Noch älter als der Tempel soll diese Stadtbefestigung von vor unserer Zeitrechnung sein. Darunter der Tempel im abendlicher Beleuchtung. Die wohl sehr schönen Mosaiken im Badehaus konnten wir leider im Stockdunkeln nicht mehr besichtigen.

Überall erfreue ich mich an den Ständen der Bäuerinnen und Bauern der Umgebung, die ihre eigenen Produkte anbieten und verkosten lassen. Gern kaufe ich immer was. Und auch den Musikern gebe ich gern einen Schein.

Der Granatapfel gehört zu den Symbolen Armeniens.

Kornelkirschen (viel größer als unsere im Garten), Fruchleder, Zöpfe mit Nüssen in Fruchtgummi gehüllt, Aprikosen, Nüsse, Wein…ähnlich wie in Georgien. Leider hatte ich im Restaurant mit dem Lavaschbrot verlauten lassen, dass ich das in Aserbaidschan schon mal gesehen habe. Das war nicht schlau. Ich wurde belehrt: das ist armenisch. Punkt. O.k. Es ist wahrscheinlich auch nicht schlau, zu schreiben, wie in Georgien. Ist auch nur meine Wahrnehmung. Noch nicht erwähnt habe ich den Besuch in einer privaten Kunstgalerie (vor dem Besuch der Uni), wo ein Vereinsmitglied, welches aber grade irgendwo auf der Welt weilt, Kunst ausstellt und verkauft. Da die Objekte nichts für Otto Normalverbraucher sind und ich mich nur für „kitschige“ Engel interessiere, unterhielte ich mich lieber mit einer Gastgeberin über Friendship Force, bis wir bei Putin landeten. Das war auch nicht schlau.

Unwirklich und mythisch sieht der Tempel bei Vollmond aus. Das passt irgendwie zu all den Wahrnehmungen, Gesprächen und Nachlesereien. It’s complicate.

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