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Frei, schwebend in Tblisi

Von unserem „Flughafen“- Hotel fahren wir bestimmt eine halbe Stunde, um diesen zu erreichen. Dort irren wir auch noch ein wenig rum, um Avis zu finden. Die Bürodame schickt einen Mann, um unseren kleinen Schaden am Duster zu begutachten. Reiner meint, vielleicht war es auch ein Steinschlag in den Bergen und kein Anfahrschaden. Der Mann sagt, das würde uns höchstens 50 € kosten. Später bekommt er einen Anruf und wünscht uns guten Flug und noch später bekommen wir eine Mail, dass die Kaution zurück gebucht wird. Uff, geschafft. Verantwortung abgegeben, frei in Tblisi. In einem bestellten Taxi fahren wir in das Hotel, welches wir so auswählten, dass wir übermorgen mit unseren Koffern zum Transferbus, mit dem wir nach Armenien fahren wollen, laufen können.

In dem Hotel bekommen wir schon mittags unser Zimmer und sind froh darüber. Mein größter Wunsch ist, einmal in den Schwefelbädern von Abanotubani zu baden. Leider bemühte ich mich vergeblich, in ihnen ein Badezimmer zu buchen. Wir laufen von unserem Stadtviertel den Berg runter, am Fluss treppab und überqueren noch einmal die schöne Friedensbrücke, um dann in der touristischen Altstadt das Bäderviertel zu erreichen.

Schöner Anblick beim Runterwandern zum Fluß: eine blühende Blasenesche und vermutlich Kuppeln von einem Badehaus

Das berühmteste Bad

Kuppeln vom Bad

Mosaiken im Bad

Nachdem eine russische Gruppe lange am Schalter diskutiert und endlich was bucht, sind wir dran und siehe da, wir können zwar nicht in Puschkins Zimmer oder in sonst ein historisch bedeutsames, aber wir bekommen eins und zwar gleich. Damit hatte ich gar nicht gerechnet und freue mich sehr. Es gibt Handtücher und Badelatschen dazu, einen Massagehandschuh muss ich dazu kaufen. Dann dürfen wir unseren Baderaum beziehen. Er ist mit einem großen Becken, einer Massagebank aus Marmor und Dusche im Hauptraum, einem Vorraum mit Couch, Wasser, Tee und Pulverkaffee und einem WC ausgestattet. In dem großen Becken ist das Schwefelwasser, über 45 Grad heiß, welches aus einer Quelle kommt. Es ist herrlich, darin einzutauchen und zu verharren. Frei, schwebend.

Sogar Reiner entschließt sich, ein Bad zu nehmen. Als die Bäderfrau kommt, genieße ich die kleine Rubbelseifen- Massage, die Wasseraufgüsse aus dem Eimer auf der Haut, den Schaum, die erneuten Wasseraufgüsse. Danach bedeutet sie mir, mich wieder zu duschen und nochmal ins Schwefelbecken zu steigen. Das Schwefelwasser ist gut gegen Haut- und neurologische Beschwerden, also genau meine richtige Therapie. Ich dusche zwar nach dem Becken nochmal, nehme aber keine Creme, habe auch gar keine mit und bin erstaunt, auch keine zu brauchen. Meine Haut, meine Haare sind samtig weich und ich fühle mich wie neu geboren!

Danach speisen wir in einer der touristischen Gassen und freuen uns an Essen und Wein und an den vorbei strömenden Touristen. Nochmal ist es schön, zu verharren. Wir probieren auch diese Vorspeise, bulgarische genannt. Das sind geschälte und in Öl gebratene und mit Walnusspaste gefüllte Paprika.

Reiner meint, was typisch Süßes wäre auch nicht schlecht und in mir erwacht der Jäger- und Sammlergeist. Ich befrage Google nach bestem Dessert und besten Eis und so nehmen wir unsere mehrere Stunden dauernde Wanderung durch Tblisi auf. Diese Art, durch Städte zu wandern, hat den Vorteil, in weniger touristischen Orte zu gelangen und ein vollständigeres Stadtbild aufzunehmen.

Außerdem kommen wir derart auch am Trödelmarkt im Park vorbei und laufen über die Fußgängerbrücke mit historischen Fotos von Tblisi.

Guter Kaffee oder für Reiner georgischer Schwarztee, ein Halva- Cheesecake- Törtchen vom Feinsten und zum Schluss am Stand eine sehr gute Kugel Honig-Lavendel- Eis sind die Belohnung.

Um zu dem Eisladen zu kommen, müssen wir sehr lange eine sehr befahrene Straße hoch und runter laufen, ehe wir durch einen Tunnel sie überqueren können. Als wir auf dem Rückweg wieder an der Hauptstraße ankommen, ist die Straße leer. Wir sehen friedliche Demonstranten mit georgischen, ukrainischen und amerikanischen Fahnen sowie ebenso viel friedliche Polizisten vor dem Parlament. Trotzdem liegt Anspannung oder etwas für mich Unheimliches in der Luft. An dem großen Kaufhaus nebenan auf dem Screen leuchten die georgische und EU- Flagge auf. Wie ich lernte, ist Georgien zwar Beitrittskandidat der EU. Aber die seit 2024 regierende, russlandfreundliche Partei „Georgischer Traum“ kündigte an. die Verhandlungen stoppen zu wollen. Dies führte im Land zu Massenprotesten (WIKIPEDIA).

Wir sehen auf unserem langen Heimweg hoch über der Friedensbrücke einen Ballon aufsteigen. Wenn das kein gutes Zeichen ist.

Der alte König wacht über alles, hoch oben am Berg wird die Mutter Georgiens, angestrahlt, weit sichtbar. Drei schöne Straßenhunde begleiten uns das letzte Stück bis zum Hotel, nachdem mich einer erschrocken hat, weil er sich von hinten anpirschte und meine Hand leckte. Die roch wohl noch nach Lavendeleis. Leider trafen wir nun schon auf recht viele Bettler, einige Betrunkene und auch obdachlose Menschen. Eine Weile grölt vor unserem Hotelzimmer in Paterre ein Mann. Reinsteigen kann er nicht, wir haben Gitter vor den Fenstern.

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